Für Daniel B., „Führer“ der Autonomen Nationalisten Ahlen, war der 09.04.09 sicherlich kein guter Tag. Draußen schien zwar die Sonne, im Gerichtssaal hingegen war die Luft drückend. Das Urteil für den 21- jährigen B.: 3 Jahre Jugendhaft ohne Bewährung. Der Staatsanwalt hatte 3 Jahre und 6 Monate gefordert, was in Anbetracht der Fülle an Straftaten, deren B. angeklagt war, sicherlich auch in Ordnung gegangen wäre. Dem 18- jährigen Mitangeklagten Dirk Splettstößer erging es mit zehn Monaten Jugendhaft auf Bewährung nur unwesentlich besser. Statt Tränen der KameradInnen gab es Konfetti von AntifaschistInnen.
Der Richter nahm sich rund 45 Minuten Zeit um das Urteil zu begründen und wies mehrmals daraufhin, dass das Urteil allein auf Grundlage der Vergehen und nicht der politischen Gesinnung wegen, gefällt wurde. Die Nazis behaupten jedoch genau das: Sie reden von Gesinnungsjustiz und verdrehen die Tatsachen. So heißt es auf der Homepage der AN Ahlen, dass B. wegen „[unter anderem] Volksverhetzung und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Symbole“ verurteilt wurde. Dies ist äußerst beschönigend. So wurde B. nicht nur wegen oben genannter Vergehen verurteilt, sondern vor allem auf Grund dessen hoher Gewaltbereitschaft. Entscheidend waren die vier teils schweren Körperverletzungen, die B. nachgewiesen werden konnten. Dirk Splettstößer hatte sich außerdem durch das Aufbrechen von Kleingartenanlagen, um an Bier zu kommen, und eine Körperverletzung an einem Polizisten, für das Gefängnis empfohlen. Ihm bescheinigte der Richter auch ein massives Alkoholproblem, trotz seiner erst 18 Jahre.
Während B. in Handschellen in den Gerichtssaal geführt wurde und relativ cool wirkte, sah es bei Splettstößer etwas anders aus. Er starrte durchgehend auf seine Finger, die er nervös massierte. Auch das bekannte Nazianwaltspärchen Picker und Zimmer, konnten daran und an der Strafe nicht ändern. Sie hatten versucht die Gewalttaten als Notwehr darzustellen, was jedoch auch für den Richter mehr als unglaubwürdig war.
Was in den Augen vieler antifaschistischer Prozessbesucher nicht nachvollziehbar war, war die Erklärung des Richters, dass sich für die Länge der Haft die zurückliegende Zeit der begangenen Straftaten, positiv auswirkte. Viel mehr zeigt die Dauer von knapp 3 Jahren, in denen die Straftaten begangen wurden, dass Daniel B. ein unverbesserlicher Nazi ist, der jede Person, die nicht seiner Meinung ist, körperlich anzugreifen versucht – dabei ist es ihm egal, ob es ein wehrloser Obdachloser in Bochum oder ein alter Bekannter ist, dem man mit einem Totschläger auflauert.
Als der Richter daraufhin wies, dass er in dem Fall, wenn ein Ausländer einen Nazi zusammenschlagen würde, er genau die gleiche Strafe verhängen würde, schüttelte B. den Kopf und verzog selbstsicher das Gesicht zu einer Grimasse, die zu verstehen geben sollte, dass er dies alles andere als glauben würde.
Dieser Meinung waren auch seine rund 40 KameradInnen, die ihre Solidarität mit den „Justizopfern“ B. und Splettstößer zeigen wollten, und „Freiheit für alle Nationalisten“ forderten. Anwesend waren unter anderem Sascha Krolzig samt Anhang aus Hamm, Michael Brück und Ingo Aßmann mit einem Bruchteil des NW Dortmunds, einige Neonazis aus Marl, Unna und dem Kreis Lippstadt. Diese begannen um ca. 13 Uhr schließlich zu demonstrieren, nachdem man bereits vorher versuchte AntifaschistInnen zu filmen und zu fotografieren. Den Nazis gelang es nun wirklich nicht ihr Anliegen lautstark an die Bürgerinnen und Bürger zu bringen. So fand um 12 Uhr auf dem Marktplatz eine bürgerliche Kundgebung mit ca. 500 TeilnehmerInnen unter dem Motto „„Gegen rechtsradikale Umtriebe – für ein tolerantes und liebenswürdiges Ahlen“ statt. Zudem begleiteten auf den ersten hundert Metern ca. 60 AntifaschistInnen die Strecke der Nazis und übertönten diese deutliche. Eine erfolgreiche Blockierung der Strecke wurde jedoch durch die Polizei verhindert. Um 14.00 war der Aufzug der Nazis, der größtenteils durch menschenleere Straßen ging, dann auch schon vorbei und die Nazis wurden in Züge und Taxis verfrachtet.
Der Abtransport mit Taxis erwies sich jedoch für die Taxifahrer wenig lukrativ. So gab es direkt nach Fahrtbeginn einen Auffahrunfall der beiden Taxis, welchen die anwesenden GegendemonstrantInnen mit reichlich Gelächter quittierten. Eine scheinbar fassungslose Polizistin fragte daraufhin „Wie kann man sich nur über so etwas freuen?“ Wie heißt es doch so schön „Schadenfreude ist die schönste Freude“ oder auch „Die Strafe folgt auf dem Fuß“.
Zusammenfassend lässt sich erkennen, dass der 09.04. sicherlich ein alles andere als erfolgreicher Tag für die Ahlener Naziszene war. Ihre beiden umtriebigsten Mitglieder B. und Splettstößer werden erst einmal weniger in Erscheinung treten können, sodass es um die Zukunft der „ANA“ schlecht aussieht. Vor allem personell sind diese recht dünn besetzt und besteht inklusive SympathisantInnen in Ahlen aus maximal 10 Personen. Es bleibt abzuwarten inwiefern Ahlen für die organisierte Naziszene NRWs, bzw. des Ruhrgebiets, interessant bleibt und ob weitere „Soliaktionen“ erfolgen werden.


